Ist Kirche systemrelevant? | aktueller Beitrag "Angedacht" aus dem Bürgerecho

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Ist Kirche systemrelevant?

Mit Blick auf die Gottesdienste und das Gemeindeleben vor Ort wurde diese Frage zu Beginn der Corona-Pandemie im März schnell und eindeutig mit NEIN beantwortet. Keine Messen, keine Treffen und Gruppenstunden, keine Feste – alle bleiben zu Hause. Ein abrupter Shutdown und für viele erst einmal ein Schockmoment.


Was passiert bei einem Schock? Das kennen wir aus der Psychologie und Notfallmedizin: Einige gehen in die

Starre und verfolgen das Geschehen passiv und regungslos, werden still und bedächtig. Andere flüchten – im übertragenen Sinne in andere Tätigkeiten und können gar nicht glauben, was gerade passiert. Und wieder andere gehen in den „Angriffsmodus“ nach dem Motto: „Die Krise als Chance begreifen“. Jedes Verhalten hat seine Berechtigung und ist ein ganz natürlicher Impuls, der bei jedem Menschen unterschiedlich (intensiv) ausfällt. Wie war das bei Ihnen?

Von aktiven und engagierten Menschen sind bei uns und an vielen anderen Orten schon nach wenigen Tagen viele neue Angebote und Aktionen entstanden: Seelsorgeangebote am Telefon, Videoimpulse zu den Sonn- und Feiertagen, Gebets- und Gesangsaktionen zu festen Uhrzeiten, Regenbogen und Kerzen in den Fenstern, kreative Bastelideen und Bibelgeschichten für Kinder und auch Hilfsaktionen für Bedürftige wie zum Beispiel Telefonketten (nicht nur) für Alleinstehende. Und vieles mehr.

Da wurde trotz aller Einschränkungen ein wichtiges Lebenszeichen gesetzt. Mindestens genauso wichtig sind dann die Menschen, die in dieses bunte Treiben mit einem prüfenden Blick und der nötigen Distanz eine soziale und theologische Denkschleife einbauen und manchen Aktionismus in wohlwollender und konstruktiver Weise hinterfragen. Das ist sehr wertvoll auch mit Blick auf die Zeit nach der Kontaktsperre. Was von all dem Guten wollen wir beibehalten und weiterführen?

Vielleicht ist die Kirchengemeinde vor Ort in der Zeit der Pandemie nicht systemrelevant. Aber der Glaube als Fundament von Kirche und die solidarische Gemeinschaft aller Getauften und Gläubigen ist werte-, würde- und hoffnungsrelevant für alle Menschen und für unser Zusammenleben. Das erlebe ich in den letzten Wochen an vielen Stellen und es stimmt mich zuversichtlich für diese Zeit in und auch nach der Krise.

Eine weiterhin zuversichtliche und hoffnungsvolle Osterzeit wünscht
Dominik Heggemann, Gemeindereferent in der Pfarreiengemeinschaft Wallenhorst