"Die haben alle Geschichten und die kann man nicht sehen.
Also sei mal nicht so hart zu denen.
Die haben alle `nen Tag hinter sich, wenn sie abends im Supermarkt stehen.
Also sei mal nicht so hart zu denen."
So lauten einige Zeilen aus dem Lied "Alle Geschichten" von Tiemo Hauer. Als ich vor einigen Wochen wieder eine Ausbildungswoche in Münster hatte, haben wir dieses Lied zu Beginn einer Einheit gehört. Seitdem ist es in meiner Spotifyplaylist zu finden und wird immer wieder mal abgespielt. Themen der Ausbildungswoche waren Krisen und Konflikte. Da war das Lied schon recht passend ausgewählt. Gerade in Bezug auf das Thema Krisen.
Wir können nicht immer wissen, was in den Köpfen unseres Gegenübers so los ist. Ob das Lächeln auch wirklich ernst gemeint und nicht einfach nur aufgesetzt ist? Wieso vielleicht jemand schon auf eine für uns vermeintliche Kleinigkeit mit starken Gefühlen reagiert? Warum jemand auf etwas nicht gut zu sprechen ist?
Wir sehen nur das, was unser Gegenüber tut, hören nur das, was er/sie spricht und lesen nur das, was er/sie schreibt. Wir vertrauen auf unsere Sinne und vergessen dabei manchmal unser Herz. Was wirklich los ist, hören, sehen und lesen wir nur selten. Doch jeder Mensch trägt eine Geschichte mit sich. Das wissen wir. Daran glauben wir. Jeder trägt sein/ihr eigenes Kreuz. Das größte Kreuz, das schwerste Kreuz, hat Jesus getragen. Für uns. Er zeigte uns damit, dass er bei uns ist, um unsere Geschichten und um unser eigenes Kreuz weiß, um unsere Lasten, die wir mit uns tragen. Er ist bis ans Kreuz gegangen, um uns unsere Lasten, unser Kreuz abzunehmen.
Das Kreuz schenkt uns die Hoffnung, dass auch wir mit unseren Geschichten gesehen werden. So wie wir sind, wie Gott uns gemeint hat, mit all unseren Geschichten.
Lasst uns also unser Herz öffnen, um die Menschen ganz wahrzunehmen und ihre Geschichten zu sehen.
"Und auch du hast Geschichten, die die andern nicht sehen.
Also erwarte nicht zu viel von denen.
Auch du hast `nen Tag hinter dir, wenn du abends im Supermarkt stehst.
Lass uns ein paar Meter gehen, dann kannst du das alles erzählen."
Louisa Pötter, Gemeindereferentin
